Carl Reincke - Marineflieger Bodenpersonal im Ersten Weltkrieg
(zusammengestellt von Berndt Borrmann)
Der Brunshauptener (1) Jugendliche Carl Reincke (geb. 08.11.1894) hatte die Lehre als Motoren- und Maschinenschlosser bei der Firma Berg "Reparatur-Werkstatt für Schiffsmaschinen, Dampfkessel und Motoren Warnemünde" als Mechaniker im November 1913 erfolgreich abgeschlossen. Anschließend arbeitete er als Hilfsmonteur bei den Städtischen Elektrizitätswerken und Überlandzentrale in Rostock. Wie viele andere Männer seines Alters meldete er sich am 05. August 1914 freiwillig zum Militärdienst, und zwar bei der I. Seeflieger-Abteilung in Warnemünde. Aufgrund seiner Ausbildung hatte er hierfür beste Voraussetzungen. Sein Militärpass trägt die Stammnummer 361/K.
Cover, Seiten 2 und 3 des Militärpasses
Laut Eintragung im Militärpass der Kaiserlichen Marine des 20-jährigen Brunshauptener Carl Reincke erhielt dieser eine vielfältige Ausbildung als Flugmechaniker-Maat. In der Zeit vom 05. August 1914 bis 07. August 1916 war Warnemünde sein Dienstort. Während dieser Zeit besuchte er in Stuttgart bei der Firma Robert Bosch einen Lehrgang für die Einstellung von Motoren.
Sein weiterer Weg führte ihn nach Xanthi (2), dass zu dieser Zeit zum Königreich Bulgarien gehörte, wo Reinecke vom 08. August bis 10. Oktober 1916 sein Dienst versah. Die kaiserliche Marine betrieb dort seit August 1916 eine Seeflugstation.
Am 20. Oktober 1916 wurde er nach Wiek, Halbinsel Wittow auf Rügen versetzt, anschließend für kurze Zeit nach Holtenau (Kiel-Holtenau). Vom 02. April 1917 bis 23. Januar 1919 gab es einen erneuten Aufenthalt in Wiek und Bug als Flugmechaniker im Range eines Maates (01.04.1917) in der I. Seeflieger-Abteilung.
Carl Reincke gehörte zum Stammpersonal auf Bug und Wiek. Fotos zeigen ihn in der Dienstkleidung, bei der Reparatur von Flugzeugen und im Kreise von Kameraden.
Maat Carl Reincke mit Fliegermontur
Auf den Seeflugstationen der Kaiserlichen Marine wurden Schwimmerflugzeuge der Unternehmen des Flugzeugbaus Friedrichshafen, Gotha, Rumpler, Albatros, Hansa-Brandenburg und Sablatnig eingesetzt, die im Wesentlichen der Bauart des Heeres glichen.
Während in Wiek der größte Anteil des Personals Unterkunft fand, war die militärische Technik vorwiegend in Bug stationiert. Zwischen beiden Standorten verkehrten täglich mehrfach Boote. Die Zahl der zum Stammpersonal gehörenden Marinesoldaten lag im Jahr 1918 bei etwa 650. Aufgrund der guten Lage dieser Seeflugstation, die ein problemloses Training ermöglichte, verlegte die Kaiserliche Marine einen Großteil der Ausbildung der Seeflieger und Beobachter hierher. Ausgebildet wurde in den Bereichen Flugzeugführer, Bombenabwurf, Bordschütze, Fotoaufklärer und Funker. Die praktische Ausbildung geschah unter anderem im Seegebiet "Libben" zwischen Bug und Hiddensee.
Auf einer Postkarte, die Carl Reincke bei der Arbeit am Motor eines Flugzeuges zeigt, schrieb er an seine Eltern am 13. Februar 1916:
"Liebe Eltern!
Umstehend bekommt Ihr auch mal ein Bild, wo ich mit meiner Maschine drauf bin. Der unten, steht ist ein guter Freund von mir. Es ist einer von den Benz-Motoren, wo Benz den Kaiserpreis darauf erhält 6 Zylinder 150 PS. Die Maschine ist solche, als ich als Modell gebaut habe. Augenblicklich habe ich den Motor auseinander. Muss mal überholt werden."
Carl Reincke oben stehend
Im März 1917 erhielten die Maybacher Motorenwerke die Zulassung zum Bau des Motors MB (260 PS). Monatlich bauten sie etwa 200 Motoren für Höhenaufklärer. Carl Reincke weilte dort zur Ausbildung im Oktober 1917.
Aus dem Text auf der Rückseite der Postkarte ist zu entnehmen, dass er an diesem Flug teilgenommen hat. Er schreibt:
"Zur Erinnerung an meinen Flug Warnemünde-Stralsund-Köslin-Putzig vom 29. - 30. Juli 1916 mit dem Flugzeug, welches die Marinenummer F.F. 531 trug, mit Flugmeister Langanke."
Auszug aus dem Kriegstagebuch vom 29.07.1916:
"531 Start Warnemünde - Putzig. Landung um 08:15 in Putzig.
Flugzeugführer: Flugmeister William Langanke, Beobachter: Obermatrose Reincke"
Motorenschule Maybach, Kursus Okt./Nov. 1917, Reincke 3. v.l.
Die Weiterbildung an der Motorenschule in Friedrichshafen und die Teilnahme an Kursen sind Belege dafür, dass sich auch unter diesen Kriegsbedingungen die Flugzeugtechnik, die Leistungen der Motoren und die Waffen- und Funktechnik rasant entwickelten und an die Schulung der Marineflieger ständig neue Anforderungen gestellt wurden.
Ein Foto zeigt Carl Reincke auf dem Flugzeugmutterschiff ANSWALD, von dem am Ende des 1. Weltkrieges Aufklärungsflugzeuge für die Überwachung der Seegebiete starteten.
Flugpersonal auf SMS Answald im Jahr 1916/17.
In der ersten Reihe mit Lederjacke wahrscheinlich Lt.z.S. Karl Holzapfel der die SFS auf der SMS Answald von Jan. 1916 - April 1917 leitete.
Reincke 6. v.l. stehend
Die Ausbildung der Marineflieger in Wiek und Bug diente der Vorbereitung auf den Kampfeinsatz sowie der Aufklärung im Seegebiet der Nord- und Ostsee, der Sicherung deutscher Kriegsschiffe und Unterstützung der Minensuchboote, der Meldung feindlicher Seestreitkräfte, besonders von U-Booten, Aufdecken von Minensperren und Sammeln von Informationen über den Handelsschifffahrtsverkehr.
Bodden-Halle 1 Seeflugstation Bug 1916
Die Bezeichnung Werft weist daraufhin, dass Carl Reincke vorrangig für die Wartung und Reparatur der Schwimmerflugzeuge zuständig war.
Inwieweit Carl Reincke an dem Marineaufruhr auf der Halbinsel Bug 1918 beteiligt war, lässt sich nicht feststellen.
Nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst am 15. Februar 1919 in Wismar kehrte Carl Reincke nach Brunshaupten zurück, arbeitete hier als Elektriker, legte im Oktober 1925 seine Meisterprüfung in Rostock ab und eröffnete ein Elektro-Haus in der Neuen Reihe in Brunshaupten.
Während Carl Reincke 1914 freiwillig in den Krieg zog, wurde er im 2. Weltkrieg einberufen und diente abermals als Mechaniker-Maat im von Deutschland besetzten französischen U-Bootshafen Brest. Mit dem Kriegsende geriet er in englische Gefangenschaft und starb im Februar 1946 in einem Gefangenenlager in Großbritannien.(3)
(1) Brunshaupten, heute zu Kühlungsborn gehörend
(2) Heute Teil von Griechenland
(3) Textauszüge von Jürgen Jahncke Kühlungsborn und Fotos mit freundlicher Genehmigung von Sonja Burmeister