Flugzeugmaat Heinrich Sell
Fotos und Unterlagen Frank Joswig
(zusammengestellt von Alexander Notopol)
Heinrich Sells Laufbahn als Marineflieger ist typisch für die Spätphase des Krieges.
Mit der Neuorganisation des Schulwesens Ende 1917 wurde auch die Ausbildung von Seeflieger und Beobachter neu geregelt. Es wurde eine mehrstufige Ausbildung etabliert, an dessen Anfang die Auswahl des Fliegerpersonals bei den neugebildeten Flieger-Beobachter-Vorschulen (F.B.V.) stand. Hier wurde die Eignung für eine Laufbahn als Flugzeugführer oder Beobachter festgestellt und die ersten theoretischen Grundlagen gelegt.
Es folgte die getrennte Ausbildung bei den Flieger- oder Beobachterschulen der I. oder II. See-Flieger-Abteilung. Die frisch ausgebildeten Flugzeugführer wurden bei der Flieger-Fortbildung-Schule (F.F.) an den Flugzeugtypen, die an der Front eingesetzt wurden, ausgebildet.
Im Anschluß folgte die gemeinsame Ausbildung der Flugzeugführer und Beobachter zu Fliegerpaare bei der Flieger-Beobachter-Schule (F.B.).
Ob.Mtr. Heinrich Sell mit Mützenband "S.M.S. SCHLESWIG=HOLSTEIN". (1912/13)"
Heinrich Sell gebürtig in Tüttendorf(1) bei Eckernförde trat, im Alter von 17 Jahren, am 05. Oktober 1909 als 4 jährig Freiwilliger der Marine bei.
Den Großteil seiner Dienstzeit verbrachte Sell an Bord des Linienschiffes SMS Schleswig-Holstein. Mit dem Schiff nahm er auch an den drei Reisen nach Norwegen 1910, 1911 und 1913 als Geleit der kaiserlichen Yacht "Hohenzollern", die auch in seinem Militärpass vermerkt sind. Er schied als Obermatrose am 26. September 1913, nach Ablauf der 4 Jahre, aus.
Cover und Seite 4 aus dem Militärpass
Zu Kriegsbeginn wieder bei der Marine eingetreten, kam er als Geschützpersonal zur Besatzung der SMS Wittelsbach. Die Wittelsbach operierte mit dem IV. Geschwader der Hochseeflotte im Wechsel an der Ost- und Nordsee.
Am 10. November 1915 verlegte die Wittelsbach von Libau nach Kiel und wurde als Teil der neugebildeten Bereitschaftsdivision Ostsee vor Schilksee verankert. Zum 01. Februar 1916 wurde sie für kurze Zeit mit reduzierter Besatzung Rekruten-Exerzierschiff in Kiel und am 24. August 1916 außer Dienst gestellt.
Sell gehörte bis zum Schluß zur Besatzung der Wittelsbach und wechselte Ende August 1916 zur SMS Braunschweig. Diese lag zu der Zeit ebenfalls in Kiel und wurde als Rekrutenausbildungsschiff verwendet.
Seiten mit Einträge zum Dienst auf der SMS Wittelsbach und Braunschweig
Am 23. Juli 1917 folgte die Kommandierung zum Stamm der I. See-Flieger-Abteilung (I. SFA) nach Holtenau. Zu seiner Dienstzeit in Holtenau ist kaum etwas bekannt. Hier nahm er sicherlich auch an der Vorausbildung bei der F.B.V. Schule teil und wurde für die Laufbahn als Flugzeugführer ausgewählt.
Im Januar 1918 begann die Ausbildung bei der Seefliegerschule in Putzig(2) bei Danzig. Die Fliegerzulage wurde ihm ab dem 10. April 1918, nach dem ersten Alleinflug, zuerkannt.
Entweder im Juni oder Juli 1918 beendete Sell die Grundausbildung. Das genau Datum ist leider nicht bekannt.
Es folgte die Kommandierung zur F.F. Schule nach Holtenau. Bedingt duch die Verlegung der Schule Ende Juli 1918, kam Sell nach Flensburg, wo er die Ausbildung Mitte August 1918 erfolgreich beendete.
Flugschüler mit Lehrer bei der Fliegerschule Putzig (1918)
Die Kommandierung vom 15. August 1918 nach Bug (Rügen) zur F.B. Schule, erfolgte nicht zu Ausbildungszwecken sondern als Stammflieger für die Schule. Er blieb dort bis zum 13. Oktober 1918, um danach zur Kampfschule Putzig als Kampflieger ausgeblidet zu werden. Der Einsatz als Kampfflieger an der Front wurde durch das Kriegsende vereitelt.
Sell wurde am 26. November 1918, unter Beförderung zum Flugzeugmaat, nach Eckernförde entlassen. Bei seiner Entlassung, bestätigte der Flugstationsleiter von Putzig, Kpt.Lt. Alfred Edler, ihm sehr gute Führung.
Auch wenn keine Auszeichnungen im Militärpass verzeichnet sind, ist davon auszugehen, dass Sell zumindest die Dienstauszeichnung erhielt. Eine Nachverleihung des Eisernen Kreuzes ist unwahrscheinlich, aber möglich. Auch das Seefliegerabzeichen wurde ihm nicht mehr verliehen, da er nach Kriegsende ausgeschieden ist.
Leider konnte der weitere Weg von Heinrich Sell nicht verfolgt werden, da als einzige Quelle der Militärpass diente.
Seite mit Einträge zum Dienst bei der Marinefliegertruppe mit Dienstsiegel der Flugstation Putzig
(1) Gemeinde im Kreis Rendsburg-Eckernförde in Schleswig-Holstein
(2) Heute Puck in Polen