Finnen bei der deutschen Marinefliegertruppe - Teil 1

(zusammengestellt von Alexander Notopol)

Im Rahmen meiner Recherchen bin ich zufällig auf diese Namen in den Tagesbefehlen des Kommandeurs der I. Seeflieger-Abteilung (I. SFA) gestoßen. Das hat mein Interesse auf ein bisher kaum bekanntes Bereich gelenkt.


Auszug aus dem Tagesbefehl 158/1918 des Kommandeurs der I. SFA


Finnland, dass nach der Unabhängigkeitserklärung im Dezember 1917 in einen Bürgerkrieg gestürzt wurde, erhielt von Deutschland militärische Unterstützung. Auch die finnische Militärluftfahrt wurde maßgeblich mit Unterstützung des deutschen Kaiserreiches aufgebaut und ausgerüstet, ähnlich wie die Türkische. Die Unterstützung umfasste Flugzeuglieferungen und Fachpersonal für die Ausbildung von Finnen. So ist es nicht verwunderlich das Finnen auch in Deutschland ausgebildet wurden. Doch die deutschen Quellen schweigen sich dazu aus.

Bei den drei Herren handelt es sich, nach aktuellen Kenntnisstand, um die einzigen Finnen die in der kaiserlichen Marine dienten und bei der Marinefliegertruppe ausgebildet wurden.

Alle drei Herren traten 1918 als Matrosen in die kaiserlichen Marine ein und wurden Anfang Juli 1918 nach Holtenau zur Flieger-Beobachter-Vorschule, zwecks Vorausbildung und Feststellung der Eignung zum Flugzeugführer, geschickt. Nach Ende des einmonatigen Lehrganges wurden alle drei am 08. Juli 1918 zur Fliegerschule Putzig kommandiert, wo sie die Ausbildung zum Flugzeugführer für Seeflugzeuge antraten.

Die Fliegerzulage wurde Nielsen am 30. August, Hoffmann am 07. September und Malmlund am 12. Oktober 1918 zuerkannt.

Bei Kriegsende musste die Ausbildung vorzeitig beendet werden und sie kehrten zurück nach Finnland.

Jarl Malmlund geboren am 29. März 1884 in Helsinki, trat nach seiner Rückkehr in die finnische Luftwaffe ein und wurde zum Leutnant befördert. Er erhielt als vierter am 29. November 1918 das finnische Fliegerabzeichen. Leider war ihm keine lange Karriere als Flieger beschieden.
Er starb am 06. Juni 1919 bei einem Flugzeugabsturz mit einer unbekannten russischen Maschine während eines Fluges nach Helsinki. Das Flugzeug stürtzte in der Nähe der Abo Flugstation ins Meer ab. Während sein Begleiter Mechaniker Väinö Juutilainen sich aus dem Flugzeug retten konnte, war Malmlund im Cockpit gefangen und ertrank. Seine Leiche wurde geborgen und auf dem Hietaniemi Friedhof in Helsinki beigesetzt.


Malmlund in Fliegerbekleidung. Vermutlich in Deutschland aufgenommen.


Harry John Nielsen wurde am 22. Januar 1891 in Kotka, Finnland geboren. Hier einige Informationen zu seiner Person aus einem Nachruf veröffentlicht in einer finischen Zeitung von 28. Juli 1921.

Er studierte vor dem Krieg in Deutschland und war zum Ausbruch des Krieges in Finnland. Da es ihm nicht mehr möglich war sein Studium fortzusetzen blieb er in Finnland.

Im Oktober 1917 trat er in einen Schutzkorps ein und zeichnete sich besonders beim Transport von Waffen aus. Hier wurde er von den Roten (Russen) gefangen genommen, aber es gelang ihm zu entkommen. Später war er Teil eines Schutzkorps in Länsi-Uusimaa und Leiter einer Maschinengewehrkompanie.
Nach der Niederschlagung der Rebellion trat er in die finnische Luftwaffe ein und wurde nach Deutschland zur Ausbildung geschickt. Er trat in die kaiserliche Marine ein und wurde am 29. November 1918 entlassen. Nach seiner Rückkehr wurde er zum Leutnant befördert und erhielt am 29. November 1918 als fünfter das finnische Fliegerabzeichen. Auch hier zeichnete er sich in besonderer Weise aus. Leider starb auch Nielsen viel zu früh. Am 27. Juli 1921 stürzte er mit seinem Flugzeug, aus mir unbekannten Gründen, ab und verstarb.


Nielsen als Matrose bei der I. SFA (1918)



Nielsen in finnische Uniform mit dem Fliegerabzeichen. Auf der linken Brusttasche trägt er eine Halbminiatur des deutschen Seefliegerabzeichen. (1919)



Nielsen in einem Flugboot mit dem finnischen Fliegerabzeichen und dem deutschen Seefliegerabzeichen. (1919)



Militärpass ausgestellt am 13. November 1918


Zu Hoffmann sind nur die Daten zu seiner Ausbildung in Deutschland bekannt. Er taucht in finnischen Unterlagen nicht auf. Auch eine Verleihung des Fliegerabzeichens ist nicht verzeichnet.

Recherchen in den Unterlagen der Marinefliegertruppe ergaben keine weiteren Hinweise zur Ausbildung von Finnen bei der Marinefliegertruppe. Weder in den Befehlen des Marineflugchefs noch des Kdr. der I. SFA oder andere Unterlagen sind Anmerkungen zu finden. Doch nach Sichtung von finnischen Unterlagen zeichnet sich ein anderes Bild ab.

Laut dieser wurden am 04. August 1918 insgesamt 60 Finnen nach Deutschland zur Ausbildung geschickt.

Hier die Aufteilung:
17*: zur Fliegerschule Libau zur Ausbildung zum Seeflieger
15: zur Beobachterschule Wiek (Rügen) zur Ausbildung zum Beobachter
26: zur Ausbildung als Mechaniker nach Libau und zur Motorenschule nach Holtenau
2: zur Artillerie-Fliegerschule Ost I (Alt-Auz) zur Ausbildung als Artilleriebeobachter

Diese Personen bildeten den Grundstock der finnischen Marinefliegertruppe. Eine ausführlichere Betrachtung dieser Finnen werde ich in einen gesonderten Beitrag liefern.

Mein Dank geht an das finnische Luftfahrtmuseum (Suomen ilmailumuseo) für die Bereitstellung und die Freigabe der Fotos und weiterer Informationen. Weiterhin möchte ich Johan Holgersson für seine Recherchen und Kai Quedzuweit für seine Unterstützung danken.

(*) Ursprünglich wurden 18 Personen nach Libau geschickt. P.J. Heikkilä wurde kurze Zeit später wider zurückgeschickt.